Die Supermarktkette Real stellte im März 2024 endgültig den Betrieb ein – etwas früher als ursprünglich geplant. Nach der Übernahme der Kette durch den Investor SCP im Jahr 2020 wurden die meisten Real-Märkte in den folgenden Jahren an Wettbewerber weitergereicht. Insgesamt hatte Real einst rund 250 Filialen, von denen sich der Neckarsulmer Handelsriese Kaufland knapp die Hälfte sichern konnte. Bereits Ende 2023 waren über 100 ehemalige Real-Märkte als Kaufland wiedereröffnet. Daneben übernahm die Edeka-Gruppe über 60 Standorte (38 bereits wiedereröffnet, weitere in Planung) und Rewe kam auf 24 Häuser. Der vierte große Käufer war Globus mit 16 übernommenen Real-Warenhäusern. Dennoch blieben bis zuletzt etliche Real-Filialen ohne neuen Betreiber, was schließlich zur Schließung von 45 Filialen bis 23. März 2024 führte.
Warum endete Real? Hintergrund der Zerschlagung war die Entscheidung der Metro AG, Real zu verkaufen, und kartellrechtliche Auflagen, welche die Aufteilung der Märkte auf verschiedene Konkurrenten vorgaben. Nach einer Insolvenz der verbliebenen „Mein Real“ Filialen im September 2023 stand fest, dass für viele Standorte kein Abnehmer gefunden wurde. In den letzten Monaten vor der Schließung wurden Öffnungszeiten verkürzt und Personal abgebaut, um den Betrieb notdürftig aufrecht zu erhalten. Am 23. März 2024 schlossen die letzten Real-Märkte – ein emotionaler Moment für Mitarbeiter und Kunden, die teils jahrzehntelang dort einkauften.
Kaufland als großer Gewinner der Real-Übernahmen
Als Teil der Schwarz-Gruppe (zu der auch Lidl gehört) ging Kaufland als größter Einzelprofiteur aus der Real-Zerschlagung hervor. Bereits Anfang 2023 hatte Kaufland 95 frühere Real-Standorte umgeflaggt, bis März 2024 dann die 100. Real-Integration in eine Kaufland-Filiale gefeiert. Diese 100. Eröffnung fand in Hallstadt bei Bamberg statt – ein symbolischer Meilenstein für Kaufland, der medial viel Beachtung fand. Kaufland setzte bei all diesen Übernahmen auf ein straffes Tempo: Viele Märkte wurden innerhalb weniger Tage oder Wochen umgebaut, um schnell wieder für die Kunden öffnen zu können. Susanne Gehle, Kaufland-Geschäftsführerin Immobilienprojekte, erläutert: „Jede Filiale wurde begutachtet, analysiert und vermessen... Wir haben sichergestellt, dass wir überall schnellstmöglich wieder für die Menschen vor Ort da sein können“. Insgesamt gab Kaufland über 10.000 Real-Mitarbeitern eine neue Beschäftigungsperspektive – eine enorme Integrationsleistung im deutschen Einzelhandel.
Allerdings war der Prozess nicht immer nahtlos. Zwischen der Schließung der Real-Märkte und der Neueröffnung als Kaufland lagen oft Umbauphasen von Tagen bis Monaten. Nicht alle Standorte konnten sofort übernommen werden; teils mussten Mietverträge mit den Immobilieneigentümern neu verhandelt oder Genehmigungen eingeholt werden. Für einige Häuser hatte Kaufland zwar vom Bundeskartellamt grünes Licht, jedoch scheiterte eine direkte Übernahme zunächst an anderen Faktoren – etwa weil andere Ketten zunächst den Zuschlag erhalten hatten oder Investitionen für Modernisierungen nötig waren.
Kaufland übernimmt weitere Real-Standorte im Jahr 2024
Nach dem endgültigen Real-Aus im März 2024 kündigte Kaufland an, noch mehr der zuletzt aufgegebenen Real-Standorte ins eigene Filialnetz integrieren zu wollen. Konkret bestätigte Kaufland Interesse an bis zu 23 der 49 zuletzt geschlossenen Märkte – davon sollten 13 Filialen bereits bis Ende Februar 2025 eröffnen. Diese Ankündigung unterstrich Kauflands Expansionskurs und sorgte bei vielen Real-Stammkunden für Erleichterung, dass zumindest an einem Teil der Standorte bald wieder ein großer Supermarkt zur Verfügung steht.
Besonders aufsehen erregte im Herbst 2024 die Nachricht, dass die saarländische Kette Globus fünf ihrer übernommenen Real-Märkte an Kaufland abtritt. Globus hatte zwar 16 Real-Standorte übernommen, doch an einigen lief das Geschäft nicht wie erhofft. Die betroffenen Märkte in Bedburg (NRW), Essen (NRW), Wesel (NRW), Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern) und Chemnitz (Sachsen) erwiesen sich für Globus als unrentabel, sodass man sie an Kaufland weiterverkaufte. Im September 2024 wurde bekannt, dass Kaufland diese fünf Standorte übernehmen möchte – vorbehaltlich der Zustimmung des Kartellamts. Globus-Geschäftsführer Matthias Bruch begründete den Rückzug mit „hohen Kostensteigerungen und Preisdruck“ an diesen Standorten und der Tatsache, dass das Globus-Konzept dort „nicht vollständig angenommen“ wurde. Für Kaufland bedeutet dieser Zukauf weiteres Wachstum und die Möglichkeit, die eigene Präsenz insbesondere in Nordrhein-Westfalen auszubauen.
Von Real zu Kaufland: Neueröffnungen 2024 im Überblick
Innenansicht einer umgebauten Kaufland-Filiale (SB-Kassen Bereich) – viele ehemalige Real-Märkte wurden in kurzer Zeit modernisiert und auf das Kaufland-Konzept umgestellt.
Mehrere ehemalige Real-Märkte wurden im Jahr 2024 offiziell als Kaufland-Filialen neu eröffnet. In der folgenden Tabelle sind alle Standorte aufgelistet, die 2024 von Real zu Kaufland umgeflaggt wurden – mit Angabe von Ort, Adresse und dem Datum der Kaufland-Eröffnung:
Details: Diese Märkte sind Beispiele dafür, wie schnell Kaufland die ehemaligen Real-Häuser wieder ans Netz brachte. Hallstadt in Oberfranken war die gefeierte 100. Real-Integration und wurde in nur einer Woche umgebaut. Stuhr-Brinkum bei Bremen sicherte mit der Neueröffnung rund 75 Arbeitsplätze und integrierte viele der erfahrenen Real-Mitarbeiter direkt ins Kaufland-Team. In Wülfrath (Kreis Mettmann) wurden innerhalb von zwei Wochen 4.200 m² Verkaufsfläche vom Real- zum Kaufland-Design umgestaltet, inklusive Übernahme aller bisherigen Shop-in-Shop-Mieter (Apotheke, Bäcker, etc.) am Standort. Staßfurt, wo Real bereits Mitte 2022 geschlossen hatte, bekam im Februar 2024 einen zweiten Kaufland-Markt in der Stadt, um die Nahversorgung im Stadtteil Leopoldshall aufrecht zu erhalten. Diese zügigen Neueröffnungen stießen vor Ort meist auf positive Resonanz, da sie Leerstände vermieden und Kunden am Standort halten.
Kaufland präsentierte sich in den neuen Filialen mit modernisiertem Konzept: helle Gestaltung, energiesparende LED-Beleuchtung und erweiterte Frischeabteilungen sollen ein neues Einkaufserlebnis schaffen. Oftmals wurde nicht die gesamte riesige Fläche der früheren Real genutzt, sondern Platz für zusätzliche Fachmärkte geschaffen – ein „bunter Branchenmix“ unter Kaufland-Dach. So entstehen beispielsweise in Hallstadt auf 2.000 m² neue Mietflächen für Fachgeschäfte, um den veränderten Kundenbedürfnissen (weg vom reinen Hypermarkt, hin zu mehr Vielfalt) gerecht zu werden. Dieses Konzept des One-Stop-Shoppings mit integrierten Partnergeschäften (von Bäcker und Lotto-Shop bis Imbiss und Schlüsseldienst) setzt Kaufland an vielen ehemaligen Real-Standorten fort.
Weitere Übernahmen 2024: Edeka, Rewe und Marktbegleiter
Nicht nur Kaufland, auch andere Handelsketten sicherten sich 2024 die letzten Real-Märkte. Bereits Ende 2023 verkündete die Real GmbH, dass für 18 der zuletzt 63 „Mein Real“-Filialen Übernehmer gefunden wurden. Davon sollten 13 Standorte an die Rewe Group (inklusive Penny/Toom/Globus-Partnern) gehen, 3 an Kaufland (Hallstadt, Stuhr, Wülfrath) und 1 an Edeka (Traunstein in Oberbayern). Ein weiterer Markt (Braunschweig) war bereits kurz zuvor an Rewe übertragen worden. Die übrigen 45 Real-Filialen wurden mangels Käufer bis Ende März 2024 geschlossen.
In der folgenden Tabelle sind diese Entwicklungen aufgeführt – welche Real-Standorte 2024 an andere Ketten übergingen oder aufgegeben wurden:
Standort | Übergang 2024 |
---|---|
Böblingen (BW) | übernommen von Rewe |
Braunschweig (NI) | übernommen von Rewe (bereits Ende 2023) |
Coesfeld (NW) | übernommen von Rewe |
Ettlingen (BW) | übernommen von Rewe |
Erfurt (TH) | übernommen von Rewe |
Euskirchen (NW) | übernommen von Rewe |
Gosen (BB) | übernommen von Rewe |
Hagen (NW) | übernommen von Rewe |
Irxleben (ST) | übernommen von Rewe |
Mülheim-Kärlich (RP) | übernommen von Rewe |
Salzgitter-Thiede (NI) | übernommen von Rewe |
Schwentinental (SH) | übernommen von Rewe |
Übach-Palenberg (NW) | übernommen von Rewe |
Wernigerode (ST) | übernommen von Rewe |
Traunstein (BY) | übernommen von Edeka |
Amberg (BY) | geschlossen (kein Übernehmer) |
Bexbach (SL) | geschlossen |
Brakel (NW) | geschlossen |
Brandenburg (BB) | geschlossen |
Bruchsal (BW) | geschlossen |
Bühl (Vimbuch) (BW) | geschlossen |
Dinslaken (NW) | geschlossen |
Donaueschingen (BW) | geschlossen |
Düsseldorf-Heerdt (NW) | geschlossen |
Frankfurt (Main) (HE) | geschlossen |
Gelsenkirchen (NW) | geschlossen |
Gotha (TH) | geschlossen |
Halle-Neustadt (ST) | geschlossen |
Halle-Peißen (ST) | geschlossen |
Heiligenhaus (NW) | geschlossen |
Heidenau (SN) | geschlossen |
Helmstedt (NI) | geschlossen |
Herne (NW) | geschlossen |
Ingelheim (RP) | geschlossen |
Jettingen (BY) | geschlossen |
Kamp-Lintfort (NW) | geschlossen |
Karlsruhe (BW) | geschlossen |
Köln-Sülz (NW) | geschlossen |
Ludwigshafen (RP) | geschlossen |
Magdeburg (ST) | geschlossen |
Monschau (NW) | geschlossen |
Nordwalde (NW) | geschlossen |
Oberndorf (BW) | geschlossen |
Passau (BY) | geschlossen |
Pocking (BY) | geschlossen |
Pritzwalk (BB) | geschlossen |
Querfurt (ST) | geschlossen |
Riesa (SN) | geschlossen |
Saarlouis (SL) | geschlossen |
Salzgitter (NI) | geschlossen |
Schiffdorf-Spaden (NI) | geschlossen |
Uelzen (NI) | geschlossen |
Welzow (BB) | geschlossen |
Weiden (OPf) (BY) | geschlossen |
Weimar (TH) | geschlossen |
Weingarten (BW) | geschlossen |
Wetzlar (HE) | geschlossen |
Wolfsburg (NI) | geschlossen |
Wuppertal-Langerfeld (NW) | geschlossen |
Zwiesel (BY) | geschlossen |
Legende: BW = Baden-Württemberg; BY = Bayern; BB = Brandenburg; BE = Berlin; HB = Bremen; HE = Hessen; MV = Mecklenburg-Vorpommern; NI = Niedersachsen; NW = Nordrhein-Westfalen; RP = Rheinland-Pfalz; SL = Saarland; SN = Sachsen; ST = Sachsen-Anhalt; SH = Schleswig-Holstein; TH = Thüringen. Fett gedruckt sind Standorte, die ohne Nachfolger schließen mussten (Stand 2024).
Wie die Tabelle zeigt, gelang es Rewe insbesondere im Westen und Norden Deutschlands, zahlreiche Real-Märkte ins eigene Filialnetz zu übernehmen – etwa in Böblingen, Erfurt oder Wernigerode. Diese Märkte werden entweder unter der Marke Rewe neu eröffnet oder in das Portfolio der Rewe-Tochter toom/Marktkauf integriert. So blieb z.B. die Real-Filiale in Coesfeld bis März 2024 geöffnet und wurde anschließend von Rewe weitergeführt. Edeka hielt sich in dieser Schlussrunde auffällig zurück und übernahm 2024 direkt nur den Standort Traunstein – allerdings hatten Edeka-Genossenschaften in den Vorjahren schon viele andere Real-Standorte (v.a. in Nord- und Ostdeutschland) übernommen, sodass ihr Kontingent erfüllt war.
Die lange Liste der geschlossenen Real-Märkte 2024 zeigt, dass trotz aller Bemühungen etliche Häuser keinen neuen Betreiber fanden. Darunter sind einige Filialen in Mittelstädten (z.B. Brakel, Gotha, Weiden) und städtischen Randlagen, für die offenbar keine der großen Ketten Bedarf sah. Viele dieser Immobilien stehen nun leer. Beispiel Heiligenhaus (Kreis Mettmann in NRW): Dort hofften Kunden und Beschäftigte bis zuletzt, dass „ihr“ Real vielleicht doch von Kaufland oder einem anderen Händler gerettet wird. Als die Schließung bekannt gegeben wurde, herrschte Enttäuschung – „So schade… wir haben immer noch gehofft, Real würde von Kaufland oder anderweitig übernommen“, schrieb eine Kundin auf Facebook. Rund 70 Mitarbeiter verloren in Heiligenhaus ihren Job. Bürgermeister Michael Beck zeigte sich „ernüchtert“ und sprach von „kein guter Tag für Heiligenhaus“, betonte aber zugleich den Wunsch, dass an der Stelle bald wieder Einzelhandel einzieht. Ähnlich war die Lage in vielen anderen Städten: In Wuppertal-Langerfeld beispielsweise schloss Real ersatzlos, da Rewe mit seinem Akzenta-Markt vor Ort bereits vertreten war – „Warum sollte Rewe noch einen weiteren Markt übernehmen?“ kommentierte ein Leser, „die Zeit der Warenhäuser ist doch schon lange vorbei“. Vielfach wurden die Schließungen als bitterer Verlust für die örtliche Versorgung empfunden: „Noch ein Teil von [unserer Stadt], der ausstirbt“, so ein Kommentar resigniert.
Kundenreaktionen und wirtschaftliche Bedeutung
Die Übernahme vieler Real-Märkte durch Kaufland wurde von der Wirtschaftspresse positiv bewertet, da so Leerstände vermieden und Arbeitsplätze erhalten werden konnten. Kaufland selbst hob hervor, dass man durch die Real-Integrationen seine Verkaufsfläche um über 500.000 Quadratmeter vergrößern konnte und nun bundesweit mehr als 770 Filialen betreibt. Für die Verbraucher bedeutete „Aus Real wird Kaufland“ in den meisten Fällen, dass am gewohnten Standort weiterhin ein großer Vollsortimenter existiert – oft mit ähnlichem Warenangebot und sogar vertrautem Personal. In Hallstadt etwa wurden zahlreiche Real-Mitarbeiter von Kaufland übernommen, und auch in Stuhr und anderen Märkten betonten Schilder „Willkommen an unserem neuen Standort – es begrüßt Sie das bisherige Real-Team“, um den Kunden den Übergang zu erleichtern.
Gleichzeitig gab es Kritik und Wehmut von Kunden in den Städten, wo Real nicht gerettet wurde. Viele dieser Filialschließungen trafen ältere Stammkunden hart, die Real wegen bestimmter Sortimente oder der Angestellten schätzten. So beklagten Heiligenhauser Bürger online, dass nun „ein weiterer Teil der Stadt ausstirbt“ und hofften, dass zumindest alternative Nutzungen (Shop-in-Shop-Konzepte, spezialisierte Händler) einziehen mögen. Kommunalpolitiker zeigten sich ebenfalls besorgt: Leere Großmärkte seien schwierige Immobilien, und nicht jeder Standort ist für andere Händler attraktiv. Dennoch besteht Hoffnung, dass einige der 2024 geschlossenen Real-Standorte mit Verzögerung doch noch neue Mieter finden. So plant Kaufland beispielsweise in Heidenau (Sachsen) die Eröffnung einer Filiale im zweiten Quartal 2025, also gut ein Jahr nach dem Real-Aus. Ähnlich könnte es in anderen Städten laufen, sobald Umbauten abgeschlossen oder Genehmigungen erteilt sind.
Fazit: Im Jahr 2024 markierte das Ende der Marke Real einen der größten Umbrüche im deutschen Lebensmitteleinzelhandel. Kaufland als großer Gewinner integrierte zahlreiche Real-Märkte und setzt seine Expansion fort. Edeka und Rewe sicherten sich ebenfalls Filetstücke, während einige Häuser vom Markt verschwanden. Für die Kunden bedeutete dies je nach Wohnort entweder einen nahtlosen Übergang („aus Real wird Kaufland“) oder den Abschied von ihrem vertrauten Markt. Wirtschaftlich untermauert Kaufland mit den Übernahmen seine Stellung – die Übernahme weiterer ehemaliger Real-Standorte ist bereits in vollem Gange –, während sich das Kapitel Real endgültig schließt. Die Branche und Verbraucher blicken gespannt darauf, wie sich die neuen Kaufland-Filialen etablieren und ob auch die letzten „Real-Ruinen“ bald wieder mit Leben gefüllt werden.
Quellen: Lebensmittelzeitung/echo24, FIM-Online, Rundschau, n-tv, Kaufland Unternehmenskommunikation, WAZ, HessenToday.