Das RTL-Magazin Team Wallraff – Reporter undercover veröffentlichte im Frühjahr 2025 erschütternde Ergebnisse aus einer bundesweiten Undercover-Recherche bei Kaufland. Nach fast einjähriger Recherche untersuchten die Reporterinnen insgesamt 50 Kaufland-Filialen in zwölf Bundesländern. In 48 von 50 Märkten stießen sie auf teils gravierende und gesundheitsgefährdende Hygienemängel. Dabei fanden sich beispielsweise verschimmelte Kühltruhen, undichte Kühlsysteme und regelrechte Mäuseplagen. In über 80 % der untersuchten Filialen gab es befallene Kühlregale mit Schimmelbefall. Immer wieder dokumentierten die Reporter eisverkrustete oder auslaufende Kühltheken sowie Spuren von Fäkalbakterien auf Lebensmitteln (etwa auf Hähnchenfleisch). Diese Ergebnisse zeigen deutlich, dass es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um breit gestreute Missstände in der Supermarktkette.
Arbeitsbedingungen und Personalmangel
Die Recherche brachte nicht nur Hygieneverstöße, sondern auch problematische Arbeitsbedingungen zutage. Mehrere Mitarbeitende berichteten den Undercover-Reportern von enormem Zeitdruck und extremem Arbeitsaufwand, wodurch gründliche Reinigungen oft unterblieben. Gewerkschaften kritisierten, dass der Konzern zunehmend Druck auf die Belegschaft ausübt. So zweifelte die Gewerkschaft ver.di an, dass der punktuelle Austausch von Führungskräften die grundlegenden Probleme beheben könne – vielmehr würden die Beschäftigten für Verluste verantwortlich gemacht und unter Dauerdruck gesetzt.
Fallbeispiel Bad Tölz: Verdorbene Ware an der Frischetheke
In der Kaufland-Filiale Bad Tölz (Lenggrieser Straße 47) deckte eine Undercover-Reporterin des Teams verdeckte Anweisungen ihrer Kolleginnen auf. Sie wurde wiederholt angewiesen, scheinbar verdorbene oder bereits abgelaufene Waren weiterzuverkaufen. Beispielsweise sollten Reporterinnen an angeschimmelten Käselaiben lediglich die Schimmelstellen abschneiden und die Käse dann zurück in die Auslage legen. Für abgelaufene Antipasti erhielten sie gar die Anweisung, diese in ein neues Behältnis umzufüllen und mit frischen Mindesthaltbarkeitsdaten neu zu etikettieren. Laut Experten ist dieses Vorgehen unzulässig und stellt eine klare Verbrauchertäuschung dar. Kaufland wies die Vorwürfe nicht einfach zurück, erklärte aber, die Abläufe in Bad Tölz nun zu überprüfen. Ein Konzernsprecher betonte, dass die geschilderten Praktiken „definitiv nicht unseren Vorgaben entsprechen“; man habe deshalb bereits damit begonnen, die Prozesse in Bad Tölz kritisch zu hinterfragen, die Untersuchungen laufen noch.
Fallbeispiel Homburg: Mäuseplage im Supermarkt
Im Kaufland-Markt Homburg/Saar (Robert-Bosch-Straße 2) wurde das Ausmaß der Hygienemängel besonders deutlich. Dort dokumentierte eine Reporterin flächendeckenden Mäusebefall: Unter einem Regal in der Backwaren-Abteilung installierte eine Nachtsichtkamera, und innerhalb von nur sechs Stunden zeichnete sie 48 Mäusebewegungen auf. Überall auf dem Boden lagen eingetrockneter und frischer Mäusekot zwischen den Brotlaiben – sogar die Plastikrollis, in denen das Brot lagert, waren „komplett verklebt mit Tierfäkalien“. Eine tote Maus wurde auf einer Packung Toastbrot fotografiert. Auch am Abend der Ausstrahlung räumte Kaufland ein, dass es „in der dargestellten Filiale zu einem Schädlingsbefall“ kam. Als Reaktion kündigte Kaufland eine umfassende Sanierung der Homburger Filiale an: Ab Mai 2025 sollte der Markt für sechs Monate geschlossen und technisch auf den neuesten Stand gebracht werden, um solche Befälle effektiv zu verhindern. Außerdem wurde die Filialleitung ausgetauscht. Auf der offiziellen Kaufland-Website wurde bestätigt, dass die Filiale bis Ende September geschlossen bleibe, und man Kunden auf benachbarte Märkte verwies.
Weitere Filialen: Defekte Kühlanlagen und Verunreinigungen
Neben den beiden aufgezeigten Einzelfällen dokumentierte das Team Wallraff-Team ähnliche Mängel in weiteren Filialen deutschlandweit. So fanden die Reporter etwa in der Filiale Detmold unter den Gefriertruhen Pfützen, die das Personal nur notdürftig mit Lappen aufwischte. Die Theken waren offenbar undicht und sorgten regelmäßig für Bodennässe. In Gera (Schleizer Straße 36–39) entdeckten sie zwischen Fleischregalen eingetrocknete, rotbräunliche Flüssigkeitsreste. In Köln-Ehrenfeld (Thebäerstraße 9) schließlich standen sie vor gelben und roten Verfärbungen neben Fleischwaren – offenbar ausgelaufene Fleischsäfte oder Wasser. Diese Feuchtigkeit begünstigt Schimmelbildung, der an Kühlschrankgittern, Verpackungen und Türen immer wieder sichtbar wurde. Zahlreiche Stichproben untermauerten die Gefährdung: Von 30 getesteten Hähnchenfleisch-Proben wies die Hälfte Campylobacter-Fäkalbakterien auf, die schwere Durchfallerkrankungen auslösen können. In allen Fällen lagen die Proben im Rahmen normaler Verkaufsbedingungen vor.
Reaktion von Kaufland
Kaufland reagierte auf die Enthüllungen mit einem 5-Punkte-Hygieneplan und personellen Konsequenzen. Der Konzern kündigte an, jährlich 500 Millionen Euro in neue Kühltechnik und Reinigung zu investieren. Bereits direkt nach der TV-Ausstrahlung wurden die beiden zentral aufgedeckten Märkte gesperrt: Die Filiale in Homburg für mehrere Monate, die in Bad Tölz für eine Woche (um bereits begonnene Hygienemaßnahmen abzuschließen). In beiden Märkten wurde zudem das Management ausgetauscht – Kaufland erklärte, die im Bericht gezeigten Zustände entsprächen „in keiner Weise unseren strengen Vorgaben“ für Hygiene und Sauberkeit. Gewerkschaften und Verbraucherschützer begrüßten zwar die angekündigten Investitionen, äußerten aber Zweifel, ob punktuelle Änderungen ausreichen. Ver.di beispielsweise warnte, dass der fortgesetzte Druck auf die Mitarbeitenden das grundlegende Problem nicht löse. In allen anderen genannten Märkten meldete Kaufland hingegen keine spezifischen Kurzfristmaßnahmen öffentlich – hier lautete die Reaktion offiziell, man prüfe die internen Abläufe und stehe im Austausch mit Behörden.
Übersicht der betroffenen Filialen
Stadt/Ort | Filiale (Adresse) | Ergebnisse der Recherche | Ausstrahlung | Reaktion von Kaufland |
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Homburg (Saarland) | Kaufland Homburg, Robert-Bosch-Str. 2, 66424 Homburg | Mäusebefall (Köder, Kot, 48 Nachtsicht-Aufzeichnungen); schimmelige Kühltheken; Fäkalkeime auf Hähnchenfleisch | 03.04.2025 | Filiale bis Sept. 2025 geschlossen, umfassende Sanierung geplant |
Bad Tölz (Bayern) | Kaufland Bad Tölz, Lenggrieser Str. 47, 83646 Bad Tölz | Manipulation von Frischeprodukten: Schimmelkäse abgeschnitten, abgelaufene Salate umverpackt | 03.04.2025 | Filiale kurzzeitig (1 Woche) geschlossen; Führungspersonal ersetzt; interne Überprüfung angekündigt |
Detmold (NRW) | Kaufland Detmold, Ernst-Hilker-Str. 15, 32758 Detmold | Lecks an Gefriertruhen – Pfützen unter Eisflächen; Auffangbehälter für Wasser in vielen Filialen | 03.04.2025 | Keine öffentlich bekannte Maßnahme (keine Stellungnahme) |
Gera (Thüringen) | Kaufland Gera-Lusan, Schleizer Str. 36–39, 07549 Gera | Rötlich getrocknete Flüssigkeit neben Fleischregal; Hinweise auf fehlende Reinigung | 03.04.2025 | Keine öffentlich bekannte Maßnahme |
Köln (NRW) | Kaufland Köln-Ehrenfeld, Thebäerstr. 9, 50823 Köln | Gelb-rote Flüssigkeitsreste neben Fleischtheke; mögliches Hygiene-Risiko | 03.04.2025 | Keine öffentlich bekannte Maßnahme |
Die Tabelle fasst die bekannt gewordenen Fälle zusammen (Ergebnisse aus Team Wallraff). Spalte 4 gibt das Datum der Team Wallraff-Ausstrahlung an (3. April 2025), Spalte 5 die kommunizierte Reaktion von Kaufland.
Geografische Verteilung
Die aufgedeckten Missstände betrafen Filialen in verschiedenen Regionen Deutschlands: Saarland (Homburg), Bayern (Bad Tölz), Nordrhein-Westfalen (Detmold, Köln) sowie Thüringen (Gera). Die Karte der betroffenen Märkte zeigt, dass das Problem bundesweit gestreut ist – von Süddeutschland über das Ruhrgebiet bis ins östliche Bundesgebiet. Kaufland betreibt deutschlandweit über 770 Filialen, und die Vorfälle wurden in sehr unterschiedlichen Regionen dokumentiert.
Quellen: Recherchen von Team Wallraff (RTL) sowie Berichte von Fachmedien.